Deutschlands Unfallhotspots im Winter
Der Winter gehört zu den größten Herausforderungen für Autofahrer im Straßenverkehr. Schneefall, Glatteis und schlechte Sichtverhältnisse erhöhen das Unfallrisiko erheblich.
In diesem Artikel werfen wir von der Allianz Direct Versicherung einen detaillierten Blick auf die Straßen mit den höchsten Unfallzahlen im Winter und analysieren die Unterschiede zu anderen Jahreszeiten. Darüber hinaus zeigen wir, welche Wetterfaktoren das Risiko für Unfälle erhöhen, und geben praktische Tipps für sicheres Autofahren in der kalten Jahreszeit. Denn wer sich gut vorbereitet, minimiert das Risiko und ist auch bei schwierigen Straßenverhältnissen sicher unterwegs.
Gefährliche Winterstraßen: Wo das Unfallrisiko besonders steigt
In den Wintermonaten steigt das Unfallrisiko auf bestimmten Straßen in Deutschland besonders stark an. Diese Straßen zeichnen sich durch den höchsten prozentualen Anstieg von Unfällen mit Personenschaden im Vergleich zu den anderen Jahreszeiten aus*. Zwischen 2016 und 2023 wurde für jede Straße die durchschnittliche Zahl der Unfälle im Frühling, Sommer und Herbst mit den Zahlen im Winter verglichen. Der Fokus liegt hier auf Straßen, bei denen der prozentuale Anstieg im Winter am höchsten ist.
An der Spitze stehen die Norderstraße in Kaltenkirchen, Schleswig-Holstein, und die L 3145 bei Alsfeld, Hessen, mit einem Anstieg von 600 %. Während im Frühling bis Herbst im Durchschnitt nur ein Unfall mit Personenschaden pro Saison verzeichnet wurde, stieg diese Zahl im Winter auf sieben Unfälle. Hier steigt das Unfallrisiko im Winter demnach am stärksten.
Die Ansprunger Hauptstraße in Marienberg, Sachsen, folgt mit einem Anstieg von 500 %, gefolgt von weiteren Straßen wie der Marburger Straße in Stadtallendorf, Hessen, und der Adolfstraße in Lübeck, Schleswig-Holstein, die ebenfalls einen 500-prozentigen Anstieg aufweisen. Interessanterweise befinden sich drei der Straßen mit dem höchsten Anstieg des Unfallrisikos im Winter in Hessen, gefolgt von zwei Straßen in Schleswig-Holstein. Diese regionale Verteilung weist darauf hin, dass winterliche Bedingungen, wie Glätte und Schnee, in bestimmten Regionen ein besonders hohes Unfallrisiko mit sich bringen.
Insgesamt ist zu beachten, dass es deutschlandweit 27 Straßen gibt, die einen Anstieg von 400 % bei Unfällen im Winter aufweisen. Dies zeigt, wie stark sich saisonale Bedingungen auf die Sicherheit bestimmter Strecken auswirken können. Ein Vergleich mit den gefährlichsten Straßen in Deutschland (siehe unseren Allianz Direct Artikel gefährlichste Bundesländer: Unfallstatistik) bestätigt, dass einige dieser Winterstraßen auch über das ganze Jahr hinweg ein erhöhtes Unfallrisiko tragen.
*Hinweis: In dieser Analyse beziehen sich die angegebenen Unfälle ausschließlich auf solche mit Personenschaden, um die Schwere der Unfälle klar darzustellen.
Hochrisikostrecken im Winter: Wo die meisten Unfälle passieren
Neben dem prozentualen Anstieg der Unfallzahlen zeigt eine Analyse der Veränderungen in absoluten Zahlen, welche Straßen in Deutschland im Winter am stärksten von einem absoluten Anstieg der Unfälle mit Personenschaden betroffen sind. Zwischen 2016 und 2023 wurden auf der A8 bei Pforzheim, Baden-Württemberg, im Winter 63 Unfälle verzeichnet – 20,67 mehr als im Durchschnitt der anderen Jahreszeiten. Damit führt diese Autobahn die Liste der Straßen mit der höchsten absoluten Veränderung an.
An zweiter Stelle steht die B9 bei Andernach, Rheinland-Pfalz, mit 13 zusätzlichen Unfällen im Winter im Vergleich zum Frühjahr, Sommer und Herbst. Diese Bundesstraße verzeichnete insgesamt 27 Unfälle mit Personenschaden in den Wintermonaten. Zwei weitere Straßen teilen sich den dritten Platz: Die Unnaer Straße in Kamen, Nordrhein-Westfalen, und die A28 bei Westerstede, Niedersachsen, weisen jeweils durchschnittlich 12,67 zusätzliche Unfälle im Winter auf.
Interessanterweise finden sich in dieser Liste gleich drei Straßen in Baden-Württemberg: Neben der A8 bei Pforzheim sind auch die B295 bei Renningen (im Schnitt 11,67 zusätzliche Unfälle) und die B313 bei Nürtingen (11 zusätzliche Unfälle) prominent vertreten. Dies unterstreicht, dass Baden-Württemberg zu den Bundesländern gehört, in denen sich saisonale Bedingungen besonders stark auf die Unfallhäufigkeit auswirken.
Der Verteilerring in Trier, Rheinland-Pfalz, und die A7 bei Göttingen, Niedersachsen, verzeichnen ebenfalls jeweils 10,67 zusätzliche Winterunfälle im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Jahreszeiten, was auf regionale Herausforderungen wie Glätte und Schnee hinweist. Diese Daten machen deutlich, dass bestimmte Strecken in Deutschland in den kalten Monaten signifikant gefährlicher werden, was die Notwendigkeit gezielter Sicherheitsmaßnahmen auf diesen Straßen besonders unterstreicht.
Vorhersage: So verändern sich die Witterungsverhältnisse auf den Unfallhotspots im Winter
Die Auswirkungen des Klimawandels auf winterliche Straßenbedingungen in Deutschland sind deutlich: Basierend auf historischen Wetterdaten und Vorhersagen für den Zeitraum von 2024 bis 2035 zeigen sich signifikante Veränderungen bei Temperatur, Frosttagen und Schneefall. Diese Entwicklungen beeinflussen die Unfallwahrscheinlichkeit auf bestimmten Straßen erheblich. Bei vielen Straßen ist sogar durch die allgemeine Temperaturerhöhung ein niedrigeres Unfallrisiko zu erwarten.
Die Norderstraße in Kaltenkirchen, Schleswig-Holstein, hatte bisher das höchste Unfallrisiko im Winter im Vergleich zu anderen Jahreszeiten, was sich aber über die kommenden Jahre verbessern könnte. Hier wird bis 2035 ein Temperaturanstieg von 0,8 °C im Winter prognostiziert, was einer Steigerung von 37 % entspricht. Gleichzeitig wird die Zahl der Frosttage um 21 % sinken, was im Durchschnitt drei Frosttage weniger pro Winter bedeutet. Der Schneefall wird voraussichtlich um 17,03 mm zurückgehen, was einer Verringerung von 44 % entspricht.
Die L 3145 nahe Alsfeld, Hessen, zeigt ebenfalls positive Veränderungen in der Vorhersage. Mit einem erwarteten Temperaturanstieg von 0,94 °C im Winter und durchschnittlich fast fünf Frosttagen weniger sind auf dieser Straße mildere Witterungsbedingungen zu erwarten, auch wenn der Rückgang des Schneefalls hier nur 3,53 mm liegt.
Die Ansprunger Hauptstraße in Marienberg, Sachsen, verzeichnet unter den Winter-Unfallhotspots die größten klimatischen Veränderungen. Hier wird ein Temperaturanstieg von 1,07 °C erwartet, der zweithöchste Wert im Ranking. Die Zahl der Frosttage wird sich jedoch nur minimal verringern – weniger als ein Tag pro Winter. Der Rückgang des Schneefalls ist mit 21,89 mm jedoch signifikant.
Den größten Rückgang in Bezug auf den Schneefall verzeichnet die Adolfstraße in Lübeck, Schleswig-Holstein, mit 70,96 mm weniger Schnee bis 2035. Diese Veränderungen könnten zwar die Unfallzahlen reduzieren, gleichzeitig aber auch die Planbarkeit und Sicherheit des winterlichen Straßenverkehrs beeinträchtigen.
Die Daten zeigen, dass der Klimawandel nicht nur die Bedingungen auf den Straßen verändert, sondern auch die Unfallrisiken auf spezifischen Strecken in Deutschland beeinflusst. Autofahrer sollten besonders auf diese Straßen achten und ihre Fahrweise den veränderten Bedingungen anpassen.
Sicher unterwegs: Tipps für das Autofahren im Winter
Der Winter birgt zahlreiche Herausforderungen für Autofahrer – von vereisten Straßen bis hin zu eingeschränkter Sicht durch Schnee oder Nebel. Um sicher unterwegs zu sein und das Unfallrisiko zu minimieren, ist eine sorgfältige Vorbereitung entscheidend. Neben angepasster Fahrweise spielt auch der technische Zustand des Fahrzeugs eine zentrale Rolle. Hier sind einige wichtige Tipps, um sicher durch die kalte Jahreszeit zu kommen:
- Winterreifen montieren: Stelle sicher, dass deine Winterreifen ausreichend Profil haben (mindestens 4 mm empfohlen) und für eisige Bedingungen geeignet sind. Weitere Informationen zum Reifenprofil und deren -bezeichnung findest du hier: https://www.allianzdirect.de/kfz-versicherung/reifenbezeichnung-ratgeber/
- Schneeketten griffbereit halten: In besonders verschneiten oder bergigen Regionen solltest du Schneeketten im Auto mitführen. Beachte dabei, dass mit Schneeketten maximal 50 km/h gefahren werden darf.
- Reifendruck regelmäßig prüfen: Kalte Temperaturen können den Reifendruck senken. Überprüfe diesen häufiger, um optimale Fahrsicherheit zu gewährleisten.
- Geschwindigkeit anpassen: Fahre langsamer und halte einen größeren Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug. Auf Glatteis verlängert sich der Bremsweg erheblich.
- Klare Sicht sicherstellen: Reinige die Front-, Seiten- und Heckscheiben regelmäßig von Schnee, Eis und Schmutz. Achte darauf, dass auch die Scheibenwischer funktionsfähig sind.
- Beleuchtung prüfen: Gerade in der dunklen Jahreszeit ist es wichtig, dass alle Scheinwerfer und Rücklichter korrekt funktionieren.
- Notfallausrüstung dabei haben: Packe einen Eiskratzer, eine warme Decke, Handschuhe und eine Taschenlampe ins Auto, um auf unvorhergesehene Situationen vorbereitet zu sein.
- Wetterberichte verfolgen: Informiere dich vor jeder Fahrt über die aktuellen Wetterbedingungen und meide Strecken mit hoher Glättegefahr.
Indem du diese Tipps befolgst und stets wachsam bleibst, kannst du die Risiken des winterlichen Straßenverkehrs deutlich reduzieren. Denke daran: Sicherheit hat im Winter oberste Priorität!
Unsere Methodik
Die Analyse der Allianz Direct Versicherung basiert auf einer Kombination von Unfall- und Wetterdaten, um die gefährlichsten Straßen im Winter in Deutschland zu identifizieren. Dabei wurden historische Daten aus den Jahren 2016 – 2023 sowie Prognosen bis 2035 berücksichtigt. Der Schwerpunkt lag auf der Untersuchung der Korrelation zwischen Witterungsbedingungen – wie Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, Frosttagen und Schneefall – und der Anzahl der Unfälle mit Personenschäden.
So wurde die Analyse durchgeführt:
- Wetterdaten: Historische und prognostizierte Wetterdaten wurden über den Climate Data Store (CDS) gesammelt. Die untersuchten Variablen umfassten die durchschnittliche Temperatur, Frosttage und Schneefallmengen.
- Unfalldaten: Daten über Verkehrsunfälle mit Personenschäden wurden aus dem Unfallatlas des Statistischen Bundesamtes extrahiert. Dabei wurden Unfälle auf Straßen in allen Bundesländern analysiert.
- Geocodierung: Mit Hilfe eines Nominatim-Servers wurden die Unfallkoordinaten verarbeitet, um Straßenabschnitte exakt zuzuordnen.
- Datenverknüpfung: Wetter- und Unfalldaten wurden räumlich zusammengeführt, um die Wetterbedingungen während der Unfälle auf spezifischen Straßen zu analysieren.
- Ergebnisse: Verschiedene Studien wurden durchgeführt, darunter saisonale Vergleiche, Veränderungen der Unfallhäufigkeit bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen und Prognosen für künftige Winter.
Die Projektionen basieren auf globalen und regionalen Klimamodellen (MPI-ESM-LR und CCLM4-8-17) unter dem RCP 4.5-Szenario. Die hochgranularen Daten erlauben Einblicke auf Straßen-, Stadt- und Landesebene, obwohl lokale Variationen möglicherweise nicht vollständig erfasst werden konnten.
Quellen:
- Allianz Direct Versicherung - eigene Analyse von Unfall- und Wetterdaten
- Science Daily – Climate change will lead to fewer traffic accidents, research suggests
- ADAC Deutschland – Autofahren im Winter: Sicher unterwegs bei Eis und Schnee
- Michelin – Winter tyre or snow tyre: What is it?