Anastasia Umrik ist Autorin, Rednerin und arbeitet als Coach für Menschen mit und ohne Behinderung. In ihrem Blog schreibt sie über ihre Gedanken im Rollstuhl und weitere Themen des Alltags. Für unseren Ratgeber zum Thema „Mobilität für Menschen mit Behinderung“ hat sie ein paar unserer Fragen beantwortet.
Auf deiner Website schreibst du „Alle, die nicht nach oben, sondern nach vorne wollen, sind hier richtig." Wie muss man das verstehen?
Ich sehe den Sinn des Lebens darin, in Bewegung zu bleiben. Wir lernen schon von kleinauf das Ziel zu haben erfolgreich zu sein, weiter nach „oben“ in der Hierarchie zu kommen. Darauf legen wir dann das gesamte Leben aus.
Ich bin jedoch davon überzeugt und weiß aus eigener Erfahrung, dass es darum geht, immer wieder dem eigenen Gefühl zu folgen und dem, wohin es einen zieht. Mobilität kann eben unterschiedliche Facetten haben.
Du sagst selbst von dir, dass du es offen und direkt magst. Aufgrund deiner Diagnose kannst du selbst kein Auto führen. Wie kommst du als Coach und Rednerin von A nach B?
Ich habe Assistenz und sie fahren das Auto für mich. Leider sitze ich dabei ganz hinten. So kann ich zwar lesen oder entspannt aus dem Fenster schauen, jedoch wünsche ich mir sehr ein Auto, bei dem ich als Beifahrerin vorne mitfahren kann. Der Klang der Musik ist dort anders, die Straße wirkt anders, die Kommunikation mit der Fahrerin oder dem Fahrer ist angenehmer.
Du coachst Menschen mit Behinderung darin, aus der Opferrolle auszutreten. Trotzdem gibt es heute noch viele Einschränkungen, welchen Menschen mit Behinderungen im Wege stehen. Wann gelingt deiner Meinung nach vollkommene Mobilität für alle?
Ich coache generell alle Menschen - mit und ohne Behinderung - aus der Opferrolle auszutreten, denn das „Drama“ ist uns allen bekannt.
Eine Mobilität für alle kann nur dann entstehen, wenn Menschen mit einer körperlichen Einschränkung nicht vergessen werden. Wenn sie selbstständig in die Bahn einsteigen können, wenn der Umbau für PKWs finanziert wird, wenn ein Einstieg bei Taxis und Carsharings überhaupt möglich sind.
Welche konkreten Wünsche hast du und welchen Verbesserungsbedarf siehst du bei den öffentlichen Verkehrsmitteln?
Ich wünsche mir, dass ich mit der Bahn fahren kann, ohne mich drei Tage im Voraus in der Zentrale anmelden muss. Ich wünsche mir, dass ich schneller erfahre, wenn ein Fahrstuhl nicht funktioniert. Ich habe Lust auf eine Mobilität, bei der ich dem spontanen Impuls folgen kann, ohne Sorge zu haben, dass ‚irgendetwas nicht klappt‘.
Wir bedanken uns für die Beantwortung und wünschen Anastasia weiterhin alles Gute und viel Erfolg!